AMJ Sanat-o-Tijarat DE

Dr. Waseem Khan, Großbritannien

 

4. Verbot von Gharar

Die wörtliche Bedeutung von gharar ist Betrug, aber in Bezug auf wirtschaftliche Verträge bezieht sich gharar auf das Risiko und die Ungewissheit in einem wirtschaftlichen Vertrag, die durch das Fehlen angemessener Informationen oder das absichtliche Zurückhalten relevanter Informationen durch eine der Parteien entstehen, die das Endergebnis des Vertrages beeinflussen würden (Mohammad Hashim Kamali, Islamic Commercial Law, S. 84 – 85); zum Beispiel das Zurückhalten von Informationen über den Preis, die Qualität, die Menge und andere Spezifikationen des Gegenstandes oder die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien.

Der Handel mit Futures, Optionen und vielen anderen Derivaten im modernen Finanzwesen enthält Elemente von gharar und wird daher als unislamisch angesehen. Ebenso ist der Leerverkauf von Wertpapieren und der Handel mit spekulativen und nicht identifizierten Gegenständen im Islam verboten (Muhammad Ayub, Understanding Islamic Finance, S. 58-59).

 

5. Verbot von Maisir/Qimar

Maisir und Qimar beziehen sich jeweils auf den Erwerb von Reichtum durch Zufall oder Glücksspiel. Der Islam verbietet strikt den Genuss von Glücksspielen und spekulativen Aktivitäten, bei denen man wenig ausgibt, um deutlich mehr zu verdienen. Zum Beispiel ist es verboten, Lotto zu spielen, Wetten abzuschließen, unnötig Dinge zu kaufen, in der Hoffnung, einen großen Preis zu gewinnen (einige Duty-Free-Shops an Flughäfen bieten dies an) und sich jedem anderen Glücksspiel hinzugeben.  Das für solche Aktivitäten ausgegebene Geld ist ein Verlust für den Besseren und ein Verlust für die Gesellschaft, da es für wohltätige Zwecke hätte gespendet werden können. 

Der folgende Vers ist einer von mehreren aus dem Heiligen Quran, die maisir/qimar verbieten:

„Satan will durch Wein und Glücksspiel nur Feindschaft und Hass zwischen euch erregen, um euch so vom Gedanken an Allah und vom Gebet abzuhalten. Doch werdet ihr euch abhalten lassen?“ (Surah al-Maidah, Vers 92)

 

6. Die Unantastbarkeit von Versprechen und Vertrauen

Der Grundstein für den Erfolg einer jeden Beziehung ist die rechtzeitige Erfüllung von Versprechen, die wiederum Vertrauen in diese Beziehung schafft. Eine sozioökonomische Beziehung ist ein Vertrag, und Verträge im Islam sind für alle Vertragsparteien rechtlich bindend. Wenn Versprechen, die von allen Vertragsparteien gemacht werden, rechtzeitig in Wort und Geist erfüllt werden, wird der Vertrag vertrauenswürdig und die Beziehung gedeiht. Wenn Versprechen und Verpflichtungen nicht erfüllt werden, werden Vertrauen und Zuversicht beeinträchtigt und die sozioökonomische Beziehung gerät ins Wanken. In seiner wahren Bedeutung liegt dieses Konzept der Erfüllung unserer spirituellen Verpflichtungen – taqwa und Glaube an Allah (huququllah) – und der Erfüllung unserer sozialen Verpflichtungen – Gleichheit und Gerechtigkeit (huququl-ibad) – zugrunde.  

In der heutigen Zeit, wenn beispielsweise die Unternehmensführung versagt, verlieren die Investoren das Vertrauen in das Unternehmen und verkaufen ihre Aktien. Wenn Transportunternehmen, wie Fluggesellschaften und Eisenbahnen, die versprochene Leistung nicht erbringen, verlieren sie Kunden und gehen schließlich bankrott. Wenn Regierungen ihre Versprechen gegenüber der Öffentlichkeit nicht einhalten (Versagen bei der Schaffung von rechtlicher, wirtschaftlicher und sozialer Gerechtigkeit), kommt es zu Konflikten und zivilen Unruhen, die zu Armut und dem Verlust von Menschenleben führen.

Wenn eine Bank nicht in der Lage ist, die vereinbarten Bedingungen zu erfüllen, werden die Kunden ihr Geschäft woanders hin verlagern, was zum Scheitern der Bank und letztlich zu einem immensen Verlust für die Gesellschaft in Form von finanziellen Verlusten (Kundeneinlagen) und sozialen Verlusten (verlorene Arbeitsplätze) führt.

Wenn man dies auf das derzeitige zinsbasierte globale Finanzsystem überträgt, das häufig von Krisen der einen oder anderen Art heimgesucht wird, die zu finanziellen Verlusten in Billionenhöhe für die Gesellschaft führen, sind Vertrauen und Zuversicht erodiert und zwingen Regierungen und Finanzinstitutionen auf der ganzen Welt dazu, ein alternatives Wirtschafts- und Finanzsystem zu erforschen, das vergleichsweise stabiler und von Natur aus nachhaltiger ist.  Das islamische Finanzsystem ist diese Alternative, die stabiler und nachhaltiger ist, da sie auf der Führung Allahs basiert.

 

Im Original erschienen unter dem Titel Economic Concepts in Islam in Al Hakam (Onlineversion) am 12. Oktober 2018, übersetzt von Saleh Ahmed

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