AMJ Sanat-o-Tijarat DE

Dr. Waseem Khan, Großbritannien

 

7. Wirtschaftliche Aktivität zur Schaffung von wachsendem Wohlstand für sich selbst und die Gesellschaft im Allgemeinen

Der Islam rät von Finanztransaktionen ab, die keine wirtschaftliche Aktivität erzeugen.  Jede Finanztransaktion muss auf einer gewinnbringenden und halal zugrundeliegenden wirtschaftlichen Aktivität basieren, die in der Lage ist, zusätzlichen Wohlstand für sich selbst zu schaffen (Selbstbereicherung) und der Gesellschaft als Ganzes zu nutzen (Schaffung von Arbeitsplätzen, Verbesserung der Umwelt). 

Der Islam verbietet das Horten aller Güter, einschließlich des Kapitals, da es Armut schafft und die Gesellschaft ihrer Grundrechte beraubt (klarer Verstoß gegen huququl-ibad). Geld ist ein potenzielles Kapital und das Lebenselixier der Wirtschaft; daher muss es im Umlauf bleiben, damit die Wirtschaft wachsen und lebendig bleiben kann.  Deshalb rät der Islam von ungenutzten Guthaben ab und ermutigt den Einsatz von Kapital in Halal-Unternehmen. 

Im konventionellen Wirtschaftssystem werden die Investoren durch eine feste Kapitalrendite belohnt, die in den meisten Fällen garantiert ist. Im islamischen Wirtschafts- und Finanzsystem ist die Belohnung an die Wertentwicklung der zugrunde liegenden Vermögenswerte und an das Risiko, das der Unternehmer bei der Investition eingeht, gebunden. 

Der Islam verbietet papierbasierte Transaktionen, da sie keinen zusätzlichen Wohlstand generieren und eher einen Schaden für die Gesellschaft insgesamt darstellen. Zum Beispiel haben Investitionen und der Handel mit Derivaten wie hypothekenbesichertes Wertpapier, Collateralised Loan und Debt Obligation, Kreditausfalltausch etc., die einen bedeutenden Teil der Aktivitäten des konventionellen Wirtschaftssystems ausmachen, dieses System schon mehrfach zum Scheitern gebracht.

 

8. Gesetzliche Vermögensbildung

Reichtum kann auf zwei Arten erworben werden: Er kann durch den Einsatz von Land, Arbeit und Kapital erwirtschaftet werden oder er kann durch legale Formen der Übertragung erworben werden, wie z. B. durch Erbschaft, Schenkung oder Vermächtnis. Die Gesetze der Vererbung wurden im Heiligen Quran ausführlich besprochen (Der Hl. Qur’an, 4:12, 2:19 und 5:107).

Der Islam verbietet die Anhäufung von Reichtum durch illegale Mittel, wie Korruption im öffentlichen und privaten Sektor, die Verletzung der Rechte von Witwen und Waisen und die Ausbeutung der Schwachen und Armen. Daher wurde der Begriff der Zakat eingeführt, wonach jeder Muslim 2,5 % seines Nettovermögens (Vermögen, das über seine Konsumbedürfnisse hinausgeht) unter den Armen und Bedürftigen verteilen muss (Der Hl. Qur’an, 9:60).

 

9. Zakat and das Konzept von Qarz al-Hasan

Im Rahmen der Erfüllung ihrer sozialen Verpflichtungen werden Muslime nachdrücklich aufgefordert, sich an Spenden und philanthropischen Aktionen zu beteiligen, um die Kluft zwischen den Armen und Reichen zu verringern.

Aber das islamische Konzept des wohltätigen Gebens geht über die Zakat hinaus, bei dem Muslime dazu ermutigt werden, den Armen durch Qarz al-Hasan zu helfen: einfache Kredite, die in Zuschüsse umgewandelt werden, zum Beispiel die Finanzierung von preiswertem Wohnraum für Obdachlose und die Bereitstellung von Mitteln für die Heimindustrie und Start-up-Unternehmen. Obwohl es sich hierbei nicht um gewinnbringende Aktivitäten handelt, dienen sie eher einer übergeordneten moralischen Verpflichtung im Rahmen der Erfüllung von huququl-ibad. Dies fällt auch in den Kontext des Eigentums an den Produktionsfaktoren, wie bereits besprochen, dessen letztendlicher Eigentümer Allah ist, und der Mensch als Sein Stellvertreter ist verpflichtet, seiner Verantwortung bei der Nutzung dieser Einrichtungen in einer von Ihm bestimmten Weise nachzukommen.

Die Praxis der islamischen Wirtschaft wurde in ihrer wahren Form in Medina beobachtet, nachdem der Heilige Prophet (saw) und seine Gefährten (ra) aus Mekka ausgewandert waren. Die muslimischen Bewohner von Mekka betrieben Handel und waren wohlhabend; aber als sie beschlossen, nach Medina auszuwandern, zwangen die Juden von Mekka, die die Wirtschaft von Mekka kontrollierten, die Muslime, ihren Reichtum zurückzulassen. Die Bewohner von Medina (die Ansars) waren größtenteils in der Landwirtschaft tätig. Nach ihrer Ankunft wurden die einwandernden Gefährten des Heiligen Propheten (saw) ermutigt, den Handel aufzunehmen, da die Medina-Oase nahe an der belebten Handelsstraße zwischen Syrien und dem Jemen lag. Diejenigen, die den Handel als Einkommensquelle nicht mochten oder nicht erfolgreich waren, wurden dann gebeten, sich ihren einheimischen Brüdern in der Landwirtschaft auf der Basis einer Gewinn- und Verlustbeteiligung (Musharikah) anzuschließen. Jeder Einzelne wurde ermutigt, sich Arbeit zu suchen, da die Arbeit als eine Form der Anbetung (ibada) angesehen wurde, die sie autark machen und auf positive und produktive Weise zur Gesellschaft beitragen würde.

Der Heilige Prophet (saw) legte Regeln für die Verwaltung und Verteilung von Wasser für den landwirtschaftlichen Bedarf fest, die die Wirtschaft in Medina produktiver und nachhaltiger machten. Während im Islam Gegenstände, die nicht existieren, nicht verkauft werden können, machte der Heilige Prophet eine Ausnahme von dieser Regel und erlaubte den Vorwärtsverkauf von landwirtschaftlichen Produkten gegen Saatgutgeld zum Zeitpunkt der Aussaat (Bai‘ Salam).

(Im Islam muss der zu verkaufende Gegenstand existieren, in guter Form sein und zur Inspektion durch den Käufer zur Verfügung stehen. Zum Beispiel kann ein Fisch, der nicht gefangen wurde, nicht verkauft werden, oder ein ungeborenes Kalb. Bai‘ Salam – Vorwärtsverkauf – war die Ausnahme und durfte den Bauern helfen, ihre Ernte – die noch nicht gesät und geerntet wurde – für Geld zu verkaufen, das zum Kauf von Saatgut und Dünger verwendet werden sollte. 1300 Jahre später und die Landwirte von Illinois in den USA nutzten dieselbe Ausnahme als Grundlage, um das Chicago Board of Trade zu gründen, das am 3. April 1848 als Forum für den Vorwärtsverkauf von Ernten gegründet wurde und sich heute zu einer der größten Options- und Terminbörsen entwickelt hat. In ähnlicher Weise war es den Muslimen von Medina erlaubt, kleine Projekte zu finanzieren, wobei die Finanzierungsfazilität stückweise im Laufe der Zeit freigegeben wurde, bis das Projekt abgeschlossen war. Diese Finanzierungsmöglichkeit wird Bai‘ Istisna genannt, die die Grundlage für die Projektfinanzierung in der heutigen Wirtschaft ist.)

Mehrere Wirtschaftskonzepte, die während der Zeit des Heiligen Propheten (saw) in Medina angenommen wurden, wurden nicht nur zur Grundlage der islamischen Wirtschaft, sondern wurden auch von modernen Ökonomen verwendet, um die Weltwirtschaft umzugestalten und zu verbessern. Leider wurde die Bedrohung durch Riba nicht beseitigt, und daher hat die Weltwirtschaft häufig wirtschaftliche Schocks erlitten, die zu einem erheblichen Verlust an Wohlstand und menschlichem Wohlergehen führten.

 

Im Original erschienen unter dem Titel Economic Concepts in Islam in Al Hakam (Onlineversion) am 12. Oktober 2018, übersetzt von Saleh Ahmed

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